Systemgerechte Verarbeitung von Dampfsperre und Dampfbremse im Dachausbau

Neben dem Einsatz einer Dampfsperre oder Dampfbremse durch den Bauphysiker, ist vor allem auch die richtige Verarbeitung im Dachausbau essenziell. Besonderes Augenmerk gilt Durchdringungen und der Verklebung an angrenzenden Bauteilen. Ing. Christian Weißmann fasst seine Alltagserfahrungen und Tipps für Sie zusammen.

Die Kondenswassermengen, die bei falschem Ausbau eines Dachgeschoßes entstehen können, werden häufig unterschätzt! Oftmals passiert es, dass Dachundichtheiten vermutet werden – in Wahrheit jedoch ein Kondenswasserproblem besteht.

Fokus: Taupunkt

Zuallererst folgt ein kurzer Einstieg in das Thema Taupunkt. Kurzum: Je wärmer Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Wenn von Luftfeuchtigkeit gesprochen wird, ist in der Regel immer die relative Luftfeuchtigkeit gemeint und nicht die absolute Luftfeuchtigkeit. Der Unterschied?

  • 1m³ Luft bei +20°C kann 17,29 Gramm Wasser aufnehmen ohne Kondensat zu bilden. Das sind 100% relative Luftfeuchtigkeit
  • 1m³ Luft bei -10°C kann 2,14 Gramm Wasser aufnehmen ohne Kondensat zu bilden. Ebenfalls 100% relative Luftfeuchtigkeit

Daraus resultiert die Problematik des Taupunktes

Die Innentemperatur beträgt +20°C, die Außentemperatur -10°C. Dazwischen liegt die Wärmedämmung, in der das Temperaturgefälle stattfindet. Die Luft in der Wärmedämmung darf nicht mehr absolute Feuchtigkeit haben als die kalte Außenluft.

Nur 2,14 Gramm Wasser anstelle 17,29 Gramm Wasser!

Alles Wasser über dem kritischen Wert von 2,14 Gramm kondensiert und durchfeuchtet die Wärmedämmung. Hier eine Tabelle zu den Wassermengen in Abhängigkeit zu Lufttemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit:

Daher ist das Eindringen von Luft aus dem Gebäudeinneren in die Wärmedämmung UNBEDINGT zu verhindern! Dies wird durch Dampfsperren oder Dampfbremsen verhindert. Es ist besonderes Augenmerk auf Folienstöße, Randanschlüsse und Durchdringungen zu legen.

  • Folienstöße: Zwangsläufig nötig, aber leicht beherrschbar. Die Folien werden überlappend verlegt und dann mit systemgeprüftem Klebeband dicht verklebt.
  • Randanschlüsse: Hier wird es aufwendiger. Die Verklebung erfolgt mit systemgeprüftem Dichtkleber und einem Klebeband. Besonderes Augenmerk ist auf den Untergrund zu legen, auf den geklebt werden soll. Es muss eine feste, glatte Oberfläche gegeben sein. Das bedeutet bei Verputz muss ein Glattstrich hergestellt werden, auf sägerauhes oder rissiges Holz kann nicht verklebt werden und Altputz ist hinsichtlich Tragfähigkeit genau zu prüfen (z.B. alte Farbschichten).

Wandanschluss mit Glattstrich

  • Durchdringungen: Dies ist oft der heikelste Punkt. Generell gilt – Durchdringungen sollten möglichst vermieden werden. Dies ist durch die Haustechnik aber nicht immer machbar. In der Regel gilt, dass nur Leitungen, die zur Dachaußenseite führen, die Dampfsperre oder Dampfbremse durchdringen sollten (z.B. Klimaanlagenleitungen, SAT Kabel, Stromzuleitungen für Außenbeschattung, Abluftrohre, Dachentwässerung, usw.)

Zur zuverlässigen Abdichtung müssen selbstklebende Luftdichtmanschetten verwendet werden. Mit den Haustechnikfirmen muss die Leitungsführung genau geplant werden, damit das Eindichten auch ohne Komplikationen möglich ist. Bereits verbaute Leitungen müssen bei Errichtung der Dampfsperre oder der Dampfbremse wieder geöffnet werden, damit die Luftdichtmanschetten aufgezogen werden können.

Die Planung einer Installationsebene an der Innenseite der Dampfsperre oder Dampfbremse ist heute Stand der Technik! Die Folie sollte von einer Gipskartonplatte abgedeckt sein, sonst kann es im Zuge der Installationsarbeiten leicht zu Beschädigungen kommen.

Diese Grafik zeigt Luftdichtmanschetten in diversen Größen.

Diese Grafik zeigt Luftdichtmanschetten in diversen Größen.

No Go´s im Dachausbau

Nicht nur der Einsatz einer Dampfsperre oder Dampfbremse, sondern auch die korrekte Verarbeitung ist entscheidend bei verantwortungsvoller Umsetzung. Grobe Fehler können durch die Beachtung dieser Punkte verhindert und so langfristig Kosten gespart werden:

  • E-Schläuche: Durch diese geht die generelle Luftdichtheit der Gebäudehülle verloren. Sie müssen im Bereich der Folie ausgenommen werden, jedes Kabel wird einzeln mit einer Manschette eingedichtet. Aber Achtung! Es gibt Manschetten mit zwei oder mehr Durchführungen, sodass mehrere Mantelleitungen mit einer Manschette eingedichtet werden können. Dadurch ist allerdings das spätere Nachziehen von Leitungen oder das Tauschen von Kabeln NICHT möglich!
  • Kabel- oder Leitungsbündel: Zum Beispiel Kältemittelleitungen von Splitklimageräten mit zugehörigen Strom- und Steuerleitungen können nicht sachgemäß eingedichtet werden. Hier muss ein Durchführungsrohr eingeplant werden, das im nächsten Schritt mit einer Dichtmanschette an die Folie angeschlossen wird.
  • Leitungen an unzugänglichen Stellen: Hinter Trägern sowie in Ecken kann oftmals nicht sachgemäß angearbeitet werden. Der Baumangel ist hier bereits fix eingeplant!
  • Dachflächenfenster ohne Folienanschlusskragen. Alle führenden Dachflächenfensterhersteller bieten Lösungen an, leider werden diese aus Kostengründen oft eingespart.
  • Grobputz, Altputz, Rohziegel, Beton mit Lunkern: Hier kann nicht dicht geklebt werden, ein Glattstrich ist daher zwingend notwendig.
  • Verklebung auf Massivholz: durch die üblicherweise sägerauhe Oberfläche kann nicht dicht geklebt werden. Massivholzträger neigen zur Rissbildung – dadurch wird die dichte Verklebung unterwandert.
  • Kein Blowerdoortest, oder Durchführung erst bei Fertigstellung des Dachausbaues: Ein Blowerdoortest ist zur Qualitätssicherung sinnvoll, allerdings nur wenn die Dampfsperre oder Dampfbremse noch zugänglich ist! Dann sind Fehler und Beschädigungen leicht zu finden und können repariert werden. Wenn der Dachausbau fertig ist und der Blowerdoortest ein negatives Ergebnis bringt, ist der Großschaden eingetreten!

Lösungsansätze zur Gewährleistung einer dichten Dampfsperre oder Dampfbremse

  • Bereits in der Planungsphase sollten die Foliendurchdringungen geplant und möglichst reduziert werden.
  • Die Machbarkeit der Abdichtung sollte ebenfalls bereits in der Planungsphase kontrolliert werden.
  • Abklärung der Folienanschlüsse bei Fenster und Türen mit dem Fensterlieferanten.
  • Frühzeitige Abstimmung mit Haustechnik und Trockenbau bezüglich Arbeitsabläufe.
  • Untergrundkontrolle bei Verputzflächen – Glattstrich durchführen!
  • Während der Bauphase ist darauf zu achten, dass nur Klebebänder und Dichtkleber verwendet werden, die zur jeweiligen Type der Dampfsperre bzw. der Dampfbremse passen.
  • Fordern Sie vom Verarbeiter die Verarbeitungsrichtlinien des Systemherstellers ein!
  • Ein Blowerdoortest sollte zwingend durchgeführt werden – nach Verlegung und Eindichtung der Dampfsperre oder der Dampfbremse. Mängel werden erkannt, es kann leicht nachgebessert werden.

All diese Maßnahmen kosten Geld, auch die Systemklebebänder und der Dichtkleber sind nicht gerade günstig. Die Koordination von Haustechnik und Trockenbau ist nicht immer ganz einfach, daher wird mancher Abdichtungsaufwand gerne eingespart oder auch nicht zugelassene Klebebänder verwendet. Unter diesen Voraussetzungen treten immer wieder bei Dachausbauten Großschäden, teilweise mit verheerenden Folgen auf!

Die Hauptlast der Sanierungskosten liegt in erster Linie bei der Trockenbaufirma. Sollten Planungsmängel beim Luftdichtheitskonzept festgestellt werden, ist aber auch das Architekturbüro mit im Boot. Und auch die Bauleitung wird immer wieder in solchen Fällen mit dem Vorwurf konfrontiert, die Thematik der Luftdichtheit zu wenig beachtet zu haben. Daher sollte von allen Beteiligten beim Thema Dampfsperre besondere Sorgfalt an den Tag gelegt werden. Dann ist die Erreichung der notwendigen Werte für den Blowerdoortest problemlos möglich und ein langlebiges Bauwerk kann an den Bauherren übergeben werden.

4 Comments

  1. Bekannte haben auch eine Dampfsperre. Leider wurde bei einem Sturm einiges beschädigt. Der Dachdecker hatte sie neulich aufmerksam gemacht, dass auch die Dampfsperre beschädigt ist. Nun muss leider ein Teil von Rigips wieder abgemacht werden, um den Schaden fachmännisch zu reparieren lassen.

    • Ing. Christian Weißmann

      Die Reparatur der Dampfsperre ist essentiell wichtig! Sonst kommt es zu Feuchteeintrag in die Wärmedämmung, dadurch zu Schimmel an den Holzbauteilen und diese verrotten!

  2. Mein Dankeschön für die vernünftigen Überlegungen zu dem Taupunkt! In dem Elternhaus wartet das Dach auf die Sanierungsarbeiten. Den Tipp zum überlappenden Verlegen der Folienstöße sowie auch Dichtkleben der Randanschlüsse nehmen wir gerne zur Acht!

    • Ing. Christian Weissmann

      Vielen Dank für Ihren Kommentar. Es freut mich, dass die Infos aus meinem Beitrag für Sie von Nutzen sind!

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