Materialmix im Trockenbau – Risiken für Bauherr und Bauaufsicht

Der 2. Mai 2010 war ein Meilenstein für die österreichische Trockenbau-Branche. An diesem Tag wurden die einschlägigen nationalen Normen ÖNORM und DIN-Norm von den EN-Normen im Bereich Trockenbau endgültig abgelöst. Was der Einsatz von Trockenbaumaterialien unterschiedlicher Hersteller demnach für Bauherren sowie die Bauaufsicht bedeutet, fasst Ing. Christian Weißmann für Sie zusammen.

EN-Normen – Verantwortlichkeit & rechtliche Konsequenzen

Die EN-Norm wurde nationales Recht und somit nicht mehr nur eine unverbindliche Norm. Dennoch ist die Versuchung noch immer groß, nicht systemgeprüfte Materialen auf Baustellen einzusetzen. Nach wie vor fehlt oftmals die Sensibilität der Bauaufsicht und der Bauherren für diese Problematik und die damit verbundenen Risiken. Die EN Normen zwingen zur Systemkonformität der verwendeten Trockenbaumaterialien. Wer gegen dieses Recht verstößt macht sich zivilrechtlich höchst angreifbar. Nicht erteilte Benützungsbewilligungen aufgrund fehlender Nachweise der System-Konformität gemäß den neuen EN-Normen können die Folge sein. Natürlich sind die ausführenden Firmen zuallererst verantwortlich, aber was hilft das, wenn das Bauwerk in Betrieb gehen soll, aber aufgrund fehlender Atteste nicht besiedelt werden darf? Das kann existenzbedrohend für den Verarbeiter sein, aber auch der Bauaufsicht wird man mangelnde Sorgfalt vorwerfen.

Seit 2. Mai 2010 dürfen die verwendeten Trockenbaumaterialien unterschiedlicher Hersteller nicht mehr miteinander kombiniert werden. Systemkonformität ist gefragt!

Seit 2. Mai 2010 dürfen die verwendeten Trockenbaumaterialien unterschiedlicher Hersteller nicht mehr miteinander kombiniert werden. Systemkonformität ist gefragt!

Normierung in der Trockenbaubranche

  • Es gibt keine von der ÖNORM vorgegebenen Normkonstruktionen mehr, sondern nur Systemkonstruktionen einzelner
  • Während man in der Vergangenheit einzelne Komponenten eines ÖNORM-genormten

Systems durch andere, gleichwertige ersetzen konnte (CE-Kennzeichnung genügte als Nachweis), ist dies seit 2. Mai 2010 nicht mehr möglich. Seither dürfen nur im Verbund geprüfte Komponenten eingesetzt bzw. ausgetauscht werden.

  • Die CE-Kennzeichnung eines Produkts ist lediglich dessen „Personalausweis“, der zwar über seine Beschaffenheit Auskunft gibt, nicht aber über seine Brauchbarkeit. Erst die Prüfung innerhalb des Systems attestiert ihm seine Brauchbarkeit.
  • Nur noch gemeinsam geprüfte Materialien EINES Systemanbieters dürfen verarbeitet werden.

Die Systemanbieter auf einen Blick

Auf diese Weise hat sich die Industrie Monopolstellungen geschaffen. Der Verarbeiter muss sich im Vorfeld entscheiden mit welchem Industriekonzern er das Bauvorhaben abwickeln wird. Es ist also NICHT zulässig auf Knauf-Profilen ISOVER Mineralwolle einzulegen, Rigipsplatten zu montieren und mit Siniat-Spachtelmasse zu verspachteln.

Profile, Spachtelmasse, oder Materialwolle -alle auf einer Baustelle verwendeten Materialien müssen von einem Systemhersteller stammen!

Profile, Spachtelmasse und Mineralwolle – alle auf einer Baustelle verwendeten Materialien müssen von einem Systemhersteller stammen!

Materialmix – die große Ausnahme

Der Trockenbaugroßhändler Baustoff+Metall hat sich entschlossen die Monopolstellung der Industrie aufzubrechen und hat auf eigene Kosten alle gängigen Wand- und Deckenaufbauten im Trockenbau gemäß den neuesten EN-Normen prüfen lassen. Bei diesen Prüfungen wurde ein Materialmix diverser Hersteller aufgebaut. Dadurch ist der Trockenbaugroßhändler Baustoff+Metall als einziger Baustoffhändler Europas zum Systemanbieter aufgestiegen – alle Waren im Sortiment der Firma Baustoff+Metall können gemischt verarbeitet werden. Natürlich gibt dieser Großhändler die Prüfatteste nur dann weiter, wenn auch tatsächlich das Material über ihn eingekauft wurde.

Worauf Bauherren, Bauherrenvertreter und Bauaufsicht achten müssen

  • Alle verwendeten Materialien müssen von einem Systemhersteller stammen. Beispielsweise Knauf, oder Rigips
  • Sollte festgestellt werden, dass vermischte Systeme von mehreren Systemherstellern verarbeitet werden ist höchste Vorsicht geboten: die entsprechenden Prüfzeugnisse sollten SOFORT verlangt werden – eventuell müssen bereits errichtete Konstruktionen wieder abgebaut werden!
  • Nicht außer Acht gelassen werden darf das Risiko späterer Reklamationen. Sollte im Zuge der Reklamationsprüfung festgestellt werden, dass keine systemkonformen Materialien verwendet wurden, wird jedenfalls auch die Bauaufsicht Erklärungsbedarf haben. Auch für den Bauherren können daraus rechtliche Probleme erwachsen. Eine Sanierung ist dann nur mehr mit größten Anstrengungen möglich!
Das rechtzeitige Festlegen des Systemanbieters, relevante Atteste einfordern und Lieferscheine kontrollieren sind nur drei der Absicherungsmöglichkeiten für Bauaufsicht und Bauherren.

Das rechtzeitige Festlegen des Systemanbieters, relevante Atteste einfordern und Lieferscheine kontrollieren sind nur drei der Absicherungsmöglichkeiten für Bauaufsicht und Bauherren.

Wie können sich Planung, Bauaufsicht und Bauherr absichern

  • Möglichst früh sollte mit dem Verarbeiter schriftlich festgelegt werden mit welchem Systemanbieter das Bauvorhaben abgewickelt wird – eventuell bereits bei der Vergabe.
  • Vor Arbeitsbeginn sollten die für das Bauvorhaben relevanten Atteste eingefordert Nicht alle Systemanbieter verfügen für alle Anwendungen auch über Atteste!
  • Auf der Baustelle gelagertes Material sollte kontrolliert werden. Auf den Verpackungen, Platten, Schienen steht der Produzent – ein Blick genügt!
  • Lieferscheine kontrollieren – nur der Großhändler Baustoff+Metall kann Prüfatteste für gemischte Aufbauten liefern
  • Generelle Sensibilität für dieses Thema – bei Unklarheit sprechen Sie den Verarbeiter an und verlangen Sie die Vorlage der entsprechenden Atteste!

8 Comments

  1. Danke für den Beitrag bezüglich des Trockenbaus und den geeigneten Materialien. Dass alle verwendeten Materialien von einem Systemhersteller stammen müssen ist wohl ein Aspekt, den ich nicht beachtet hätte. Da sieht man, dass ich etwas ahnungslos bin. Danke für die Aufbereitung des Themas!

  2. Danke für Tipps zum Trockenbau! Materialmix wurde auch in unserem Fall beim Dachdecken gewählt https://www.dachdeckerei-salzburg.at/leistungen/spenglerei Dank fachlichen Händen ist die Dachdämmung gut gelungen. An der Reihe ist nun ein Blechdach. Danke!

  3. Danke für diese Anleitung zum Thema Risiken in Materialmix. Ich möchte Trockenbau in meinem Haus leisten. Dieser Artikel wird mir helfen, alles sicherzumachen.

  4. Vielen Dank für den Beitrag zum Materialmix im Trockenbau. Mein Bruder möchte nächstes Jahr mit dem Hausbau beginnen. Gut zu wissen, dass alle verwendeten Materialien vom selben Systemhersteller stammen müssen.

  5. Das Thema MATERIALMIX IM TROCKENBAU – RISIKEN FÜR BAUHERR UND BAUAUFSICHT interessiert mich schon seit Längerem. Ich bin immer auf der Suche nach neuen und interessanten Artikeln und Blogs zu diesem Thema. Es ist super, dass ich diesen Blog gefunden habe. Hier findet man echt viele hilfreiche Informationen.

    • Ing. Christian Weißmann

      Es freut mich, dass unser Blog für Sie interessant ist. Sie können unseren Blog abonnieren, dann erhalten Sie automatisch alle weiteren Artikel. Wir stellen ca. alle 2 Monate einen neuen Artikel zum Thema Innenausbau online. Hier geht es zu unserem Blog

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